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BILDER ZUM FÜHLEN


Zum Malen braucht die junge polnische Künstlerin Agata Norek nicht unbedingt Pinsel und Farben. Ihre formal wie inhaltlich vielschichtigen Tafelbilder bestehen aus Hirse-Körnern, Tee-Blättern, Toilettenpapier-Streifen und vielen anderen eher ungewöhnlichen Malmitteln. Einer Reihe ihrer neuesten Arbeiten gab Norek den Titel „Briefe an Erblindende“, weil deren Reiz erfühlt werden will.
Agata Norek baut nicht nur auf die eigentümlichen ertastbaren Botschaften, welche die mit ihren Fundmaterialien gestalteten Oberflächen transportieren. Mit ihren Gemälden, Zeichnungen und Collagen demonstriert sie auch das systematische Durchspielen aller Möglichkeiten bei der Anordnung geometrischer Formationen. Da gibt es Wiederholungen, Reihungen, Progression und Variation.
In einigen Fällen wirken die Ergebnisse wie nicht deutbare Elemente einer archaischen Bilderschrift, wie die Zeichen und Symbole eines dunklen Kultes.
 
Das Geheimnisvolle steht neben dem Planvollen. Die kühl-rationale, auf klare, einfache Formen zielende Arbeitsweise bildet jedoch auch einen seltsamen Kontrast zu dem offensichtlichen Vergnügen der Künstlerin am Hantieren mit bröselnden, mürben und spröden,
breiigen und zähen Werkstoffen, deren natürliche Tendenz zur Formlosigkeit sie eigentlich für das Serielle denkbar ungeeignet erscheinen lässt.

Nürnberger Nachrichten, 2003

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